Unterschiede Immobilienmarkt Polen und Deutschland
15.07.2019 – 18:35 Uhr, geschrieben von David Lis
Kennen Sie die wichtigsten Unterschiede zwischen dem deutschen und polnischen Immobilienmarkt? Hätten Sie zum Beispiel gewusst, dass bei Immobilien in Polen sowohl die komplette, teilweise neuwertige Inneneinrichtung einer Wohnung fast immer im Kaufpreis enthalten sind? Oder hätten Sie gewusst, dass bei Vermietung polnischer Wohnungen in der Regel diese komplett möbliert vermietet werden? Denn unmöblierte Wohnungen sind in Polen für potenzielle Mieter eher unattraktiv. Es gibt viele Unterschiede zwischen beiden Ländern, welche wir Ihnen mit diesem Blog näher aufzeigen möchten. Der Immobilienmakler David Lis hat für Sie die wichtigsten Unterschiede zusammengefasst.
Unterschiede: Immobilienmarkt Deutschland & Immobilienmarkt Polen
Mit diesem Beitrag möchten wir Ihnen den Immobilienmarkt Polen (insb. Wohnsektor) näher vorstellen. Viele Investoren/Privatkäufer aus Deutschland kaufen Immobilien in Polen unter Berücksichtigung ihrer Immobileinerfahrung aus dem Heimatland. Deutsche Käufer müssen sich im Vorfeld bewusst sein, dass der Markt im Nachbarland ein wenig anders tickt – einfach nur anders.
Immobilienmarkt DEUTSCHLAND | Immobilienmarkt POLEN | |
---|---|---|
Eigentumsquote Wohnimmobilien | ca. 51 % | ca. 84 % |
Wohnungsbestand | ca. 42 Mio. Wohnungen | ca. 14,3 Mio. Wohnungen |
Durchschnittliche Wohnfläche pro Bewohner | ca. 46,5 m² pro Bewohner | ca. 27,8 m² pro Bewohner |
Grunderwerbsteuer beim Immobilienkauf | 3,5% – 6,5% je nach Bundesland | 2 % landesweit für Bestandsimmobilien 0 % bei Neubau-Immobilien |
Grundbuch- und Notarkosten beim Immobilienkauf | ca. 1,5 % des Kaufpreises | ca. 50 EUR für Eintragung in das Grundbuch
und Notarkosten ca. 25 – 3.000 EUR |
Wohnungsdefizit (EU-Durchschnitt 489 Wohnungen je 1.000 Einwohner) | 507 Wohnungen je 1.000 Einwohner. In Deutschland fehlen ca. 1,9 Mio. bezahlbare Wohnungen | Innerhalb der EU gehört Polen zu den Top-3 Ländern mit dem niedrigsten Wohnungsbestand (376 Wohnungen auf 1.000 Einwohner). In Polen fehlen ca. 2,1 Mio. Wohnungen. |
Markt für Kurzvermietungen (z. B. Booking.com) | Hotels dominieren den Markt für Kurzvermietungen deutlich stärker als das Angebot von Ferienwohnungen. | genau umgekehrt: Ferienwohnungen dominieren den Markt für Kurzzeitvermietung deutlich stärker als das Hotelangebot und das obwohl es landesweit ca. 2.800 Hotels gibt (etwa dreimal so viel wie noch im Jahr 2000). |
Provisionsregelung bei Mietwohnungs- vermittlung | Bestellerprinzip (i.d.R. bezahlt nur Vermieter den Immobilienmakler) | Vermieter und Mieter bezahlen jeweils das Honorar des Immobilienmaklers |
Instrument zur Regulierung der Miete* | Mietpreisbremse | nicht vorhanden |
Objektzustand Vermietungsmarkt | In der Regel werden Objekte unmöbliert vermietet
Mietvertrag wird grundsätzlich auf | genau umgekehrt: In der Regel werden Objekte möbliert vermietet (häufig IKEA-Standard)
Mietverträge werden i.d.R. auf 1 Jahr |
Renditen in beliebten Großstädten | Immobilien in den Metropolen wie München, Hamburg oder Berlin sind i.d.R. wenig lukrativ (< 3,6 %). In vielen Stadtteilen der deutschen Top-Großstädte kommen Vermieter nur noch auf Mietrenditen von unter 4 % pro Jahr, teils gar unter 3 %. | Immobilien sind trotz großer Preissteigerungen in Top-Metropolen in der Regel noch attraktiv (5 – 6 % Bruttorendite bei Langzeitvermietung). Bei Zimmervermietung ca. 7-10 %. |
Zeitpunkt der Eigentumsübertragung einer Immobilie | Grundsätzlich mit Eintrag im Grundbuch | Grundsätzlich am Tag der notariellen Beurkundung |
Höchste Wohngebäude | Colonia-Haus, Köln (147 Meter)
Grand Tower, Frankfurt am Main | Sky Tower, Breslau (212 Meter), Büro- und Wohngebäude
Zlota 44, Warschau (192 Meter) |
*in bestimmten Gebieten | ||
Tabelle: Unterschiede Immobilienmarkt Deutschland & Immobilienmarkt Polen (Wohnsektor) |
Erläuterungen der Unterschiede auf dem Immobilienmarkt Polen
Eigentumsquote:
Der deutsche Immobilienmarkt ist dadurch gekennzeichnet, dass ungefähr die Hälfte aller Wohnimmobilien vermietet sind. Die Deutschen leben gerne flexibel zur Miete (in Polen ist dieser Trend erst jetzt langsam zu beobachten). Die Polen haben auf dem Wohnmarkt eine Eigentumsquote von über 80 %. Damit gehören sie im Ländervergleich zu den Top-6 Nationen innerhalb der EU mit der höchsten Eigentümerquote (Stand 07-2019). Wieso ist das so? Primär ist es eine Frage der Mentalität – die Polen investieren bereits in einem sehr frühen Alter in „Betongold“, während in Deutschland häufig erst bei „Familienplanung“ über Eigentum nachgedacht wird. Weiterhin gibt es in einigen deutschen Bundesländer sehr hohe Kaufnebenkosten, die eine mögliche Barriere darstellen. Wer beispielsweise in Berlin eine Wohnung kauft, zahlt neben der üblichen Maklerprovision von 7,14 % noch 6 % Grunderwerbsteuer + Notar und Grundbuchgebühren von ca. 1,5 % (in Summe fast 15 % Kaufnebenkosten!).
Durch die sehr hohe Eigentumsquote auf dem polnischen Immobilienmarkt bestehen die dortigen Hausgemeinschaften z. B in Mehrfamilienhäusern grundsätzlich aus sehr vielen einzelnen Kapitalanlegern/Eigentümern. In Deutschland ist es dagegen keine Seltenheit, dass ein Mehrfamilienhaus mit treuen Langzeitmietern nur einem Eigentümer gehört.
Wohnungsbestand:
Der Wohnungsbestand in Deutschland IST deutlich größer als in Polen. Die Bevölkerung in Deutschland ist Polen überegen und gemessen an der Landfläche um ca. 14 % größer als Polen.
Durchschnittliche Wohnfläche pro Bewohner:
Dem polnischen Bürger stehen im Durchschnitt ca. 28 m² Wohnfläche zur Verfügung. Das sind 19 m² weniger als in Deutschland. Wieso ist das so? Der polnische Immobilienmarkt wird sehr stark von 1 bis 2 Zimmer-Wohnungen dominiert. Hier besteht die größte Nachfrage (sowohl im Kauf, als auch in der Vermietung). Zudem kommt es in Polen gelegentlich vor, dass ein 3-4 Personenhaushalt z. B. auf einer Fläche von 50m² lebt (z. B. Eltern mit Kleinkindern). Der Trend bewegt sich jedoch hin zu steigender pro-Kopf-Wohnfläche.
Grunderwerbsteuer beim Immobilienkauf
Die günstige Grunderwerbsteuer in Polen macht den Immobilienkauf attraktiv. Käufer in Deutschland zahlen in 13 von 16 Bundesländern mindestens 5% Grunderwerbsteuer beim Erwerb einer Immobilie! (Stand 07/2019).
Grundbuch- und Notarkosten beim Immobilienkauf
In Deutschland gilt grundsätzlich, je höher der Kaufpreis, umso höher die Notar- und Grundbuchgebühren. In Polen sind die Gebühren für Grundbucheintrag fix (vom Kaufpreis unabhängig). Die Notarkosten liegen höchstens bei ca. 3.000 EUR (Obergrenze).
Wohnungsdefizit
Studien und Experten aus der Immobilienbranche bestätigen immer wieder, dass in beiden Ländern Wohnraum fehlt!
Markt für Kurzvermietungen
Während in Deutschland das Hotelangebot dominiert, ist auf dem polnischen Immobilienmarkt genau das Gegenteil zu beobachten. Das Regelwerk/Gesetz in Deutschland bezügl. Kurzzeitvermietungen in Mehrfamilienhäusern ist etwas „komplizierter“ als in Polen. Apartments/Ferienwohnungen in Touristenstädten können in Polen grundsätzlich ohne Probleme an Kurzurlauber vermietet werden. Der Nachbar wird grundsätzlich nichts dagegen haben, da er mit hoher Wahrscheinlichkeit selbst vermietet …
Provisionsregelung bei Mietwohnungsvermittlung
Vor einigen Jahren war es in Deutschland noch geläufig, dass bei einer Mietwohnung sowohl Mieter und Vermieter eine Provision an den Makler zahlen mussten (mittlerweile nicht mehr aktuell: siehe Bestellerprinzip). In Polen ist es auf dem Vermietungsmarkt noch üblich, dass beide Parteien den Makler honorieren.
Instrumente zur Regulierung der Miete
Mietendeckel oder Mietpreisebremse gibt es in Polen nicht.
Objektzustand Vermietungsmarkt
Während in Deutschland Mietwohnungen i.d.R. unmöbliert angeboten werden, ist es auf dem Immobilienmarkt Polen genau der umgekehrte Fall. Die dortigen Mieter sind was die Inneneinrichtung betrifft ein wenig verwöhnt. Beispiele: kostenlose WLAN-Nutzung, Bügeleisen und selbst das Küchenbesteck werden manchmal in einer „Gesamtpauschale“ vermietet. Zudem werden die Mietverträge in Polen i.d.R. auf 12 Monate vereinbart und dann neu verhandelt oder verlängert.
Renditen in beliebten Großstädten
die polnischen Metropolstädte bieten in der Regel noch Renditen zwischen 5 und 7 % und das obwohl die Kaufpreise in den letzten Jahren stark angestiegen sind. Höhere Renditen können z. B. bei Zimmervermietungen erreicht werden.
Exkurs: In einigen polnischen Touristenstädten wie Swinemünde macht nur eine Kurzzeitvermietung Sinn, da die Rendite bei einer Langzeitvermietung i.d.R. aufgrund des hohen Quadratmeterpreises beim Kauf unattraktiv wäre.
Zeitpunkt der Eigentumsübertragung einer Immobilie
Anders als in Deutschland werden Sie in Polen am Tag der notariellen Beurkundung neuer Eigentümer Ihrer neuen Immobilie! Der Verkäufer erwartet dagegen das Geld spätestens am Tag der notariellen Beurkundung (z. B. mittels Blitzüberweisung).
Höchste Wohngebäude
Polen hat in der Vergangenheit sehr hohe Gebäude gebaut. Aktuell entstehen weitere Hochhäuser. Warschau baut z. B. die meisten Wolenkratzer innerhalb von Europa.
Sonstiges zu Neubauprojekten in Polen
Wir beobachten immer wieder, dass die Ansprüche der polnischen Bürger zunehmend steigen. Viele Bauunternehmen in Polen werden deshalb kreativ und versuchen den neuen Bewohnern eine „Smart-Wohnsiedlung“ bereitzustellen. Ein kleiner Supermarkt im Erdgeschoss, eine Gemeinschaftslobby mit Küche, Entspannungsbereiche, Gemeinschaftsdachterrasse, Spielplätze für Kinder, Räume mit Billiard oder Tischtennisplatten, ein Fitness-Studio oder weitere interessante Freizeitmöglichkeiten wie Spa-Bereiche direkt im gleichen Gebäude oder vor der Haustür. Häufig findet man im Gebäude zudem einen Pförtner.
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Quellen:
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https://de.statista.com/statistik/daten/studie/155734/umfrage/wohneigentumsquoten-in-europa/
Booking.com (eigene Recherche)
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2016, polnisches Statistikamt GUS
Polnisches Statisktamt GUS
Statistische Bundesamt
2018, HRE Think Tank